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Die Rolle des Buddhismus in der Kultur

Vorgetragen durch Ehrwürdiger Thich Nhu Dien

Ein Thema, das für uns alle von Interesse sein könnte. Es ist „Die Rolle des Buddhismus in der Kultur“ während seiner Ent­wicklungsgeschichte in Vietnam, sowie in der Welt im Allgemeinen.

Zuerst wollen wir die obengenannten Begriffe näher definieren, dann wollen wir versuchen, die Beziehung des Buddhismus zur Kultur eines Volkes zu untersuchen.

Buddhismus wird hier verstanden als die Lehre des Buddha, eines vollkommen Erwachten, über Ethik, Erziehung, Philosophie, Wissenschaft, Sittlichkeit. Es ist die Lehre eines Erleuchteten, der die Wahrheit über die Natur der Dinge in der Ver­gangenheit, Gegenwart und Zukunft erfahren hat, und dann den Menschen in vielen Leben und Generationen beibringt.

Kultur wird definiert als das, was zur Zivilisation, Sprache, Literatur, Sitte, Angewohnheit, Kunst, Theater, usw. gehört, und ständig von vielen Menschen wiederholt wird. Man unterscheidet materielle und geistige Zivilisation. Die materielle Zivilisation beinhaltet die technischen Erfindungen zur Erleichterung des täglichen Lebens; die geistige Zivilisation geht über das private materielle Leben und beinhaltet beispielsweise die moralischen Werte.

Wie wir bereits sehen können, gibt es zwischen „Buddhismus“ und „Kultur“ Unterschiede aber auch Gemeinsamkeiten.

A.) Unterschiede: Die Kultur wird von den Menschen geschaffen und ändert sich daher mit der Zeit. Der Buddhismus stammt dagegen von den Erwachten, die durch Selbsterfahrung und Selbsterlösung vollkommen über die Natur der Dinge wissen.

B.) Gemeinsamkeiten: Die Kultur umfasst sowohl materielle als auch geistige Werte; und der Buddhismus bringt den Menschen mit seinen transzen- dentalen Werten die Selbstbefreiung bei.

Es entsteht daher kein Widerspruch zwischen „Buddhismus“ und „Kultur“, sondern Unterschied und Gemeinsamkeit sind sogar notwendig zur Klärung des Verhältnisses zwischen Religion und Welt.

Durch die missionarischen Tätigkeiten der buddhistischen Mönche und Laie in der ganzen Welt hat der Buddhismus konkret viel zur jeweiligen Kultur des Gastgeberlandes beigetragen.
Wie zum Beispiel in Indien. Obwohl der Buddhismus heutzutage keine Staatsreligion mehr ist wie in seinen goldenen Zeiten, als Buddha noch lebte, hat er immer noch großen Einfluss auf die Kultur Indiens. Daher blicken viele Buddhisten dankbar nach Indien, wie die Christen nach Jerusalem, wo Jesus Christus vor 2.000 Jahren erschien.

Der Buddhismus, oder besser gesagt: die Lehre des Buddha, hat viele Tyrannen gebessert. Zum Beispiel, der grausame König (274 – 263 v.Chr.) wurde ein frommer Buddhist und hat sogar die Sittlichkeitsregeln des Buddha in die Verfassung seines Landes aufgenommen.

In Japan hat Kaiser Shotoku Taishi (8. Jahrh. n.Chr.) nach buddhistischen Prinzipien regiert.

Als der Buddhismus in China im 1. Jahrh. v.Chr. eingeführt wurde, spielte er dort eine aktive Rolle in der Verbreitung der Zen-Kultur durch Bodhidharma (6. Jahrh. n.Chr.); er wurde mit dem Konfuzianismus und Taoismus, die fest im Unterbewusstsein des chinesischen Volkes verwurzelt waren, verschmolzen.

Es ist gelungen, denn Buddhismus bringt überall nur eine Sendung mit sich: Mit-Leiden und Weisheit. Buddha hat seine Jünger immer gelehrt: „Durch Hass entsteht wieder Hass; nur durch Wohltat wird Hass aufgelöst“ und: „Alles Menschenleben ist Leiden“. Buddha hat auch den Weg zur Befreiung vom Leiden, zum Entrinnen aus dem Kreislauf der Wiedergeburt, gezeigt. Das sind „der rechte achtfache Pfad“ und die „vier edlen Wahrheiten“.

Da China damals die Großmacht in Asien war, übten seine Kultur und Religion einen großen Einfluss auf die kulturelle Ent­wicklung seiner Nachbarländer wie Vietnam, Korea, Japan, Mongolei aus. In dieser Zeit wurde der Buddhismus einerseits auf dem Landweg von China und andererseits auf dem Seeweg von Indien in Vietnam eingeführt.

Da die meisten Vietnamesen den Ahnenkult praktizierten und Konfuzianismus-, Taoismus-Anhänger wie die Chinesen waren, wurde der Buddhismus schnell verbreitet. Viele Pagoden wurden gebaut, die Lehrreden des Buddha und deren Kommentare wurden von Sanskrit in chinesisch – und nicht in vietnamesisch! – übersetzt, weil Vietnam zum ersten Mal eine Kolonie von China wurde (111 v.Chr. bis 43 n.Chr.). Vom 11. bis 14. Jahrhundert wurde der Buddhismus sogar Staatsreligion.

Heutzutage leidet der Buddhismus sowie andere Religionen unter dem gleichen Schicksal, dass seine Verbreitung im Volk be­grenzt ist. Sein kultureller Einfluss ist im Vergleich zu früheren Jahrhunderten geringer geworden; trotzdem verlieren die Vietna­mesen nicht ihren Glauben an ihn. Sie müssen ihre Heimat verlassen, denn es gibt dort keine Freiheit in der Religionsausübung. Die Geschichte beweist allerdings, dass die Moral und nicht das politische System von Dauer ist.

Der Buddhismus wurde in Deutschland seit Anfang des letzten Jahrhunderts durch japanische, tibetische, ceylonesische Mis­sionare bekannt. Obwohl sie bereits eine große Religion haben, nämlich das Christentum, haben sie uns, die vietnamesischen Flüchtlinge herzlich aufgenommen und uns bei dem Bewahren unserer Kultur und Religion sehr viel geholfen. Wir sind fest da­von überzeugt, dass der Buddhismus seinen Beitrag zu ihrer Kultur leisten wird.

Wir, die Vietnamesen in der Bundesrepublik Deutschland, sind der deutschen Regierung und dem deutschen Volk sehr dank­bar dafür, dass sie uns zur Bewahrung und Entwicklung der buddhistischen Kultur tatkräftig unterstützen.

Wir können folgende Schlußfolgerung ziehen: „Eine Nation, ein Volk kann nur den Wohlstand erreichen, wenn es auf geistige Werte wie zum Beispiel Ethik, Kultur neben den technischen Entdeckungen im materiellen Leben achtet. Andernfalls kommt es in Verfall, wenn die Moral und der Beitrag der Religion fehlen“.