22. Juli 2015
Neuss. Rund 500 vietnamesische Buddhisten aus ganz Europa treffen sich zehn Tage lang in Neuss. Hochrangige Mönche praktizieren mit den Teilnehmern des 27. vietnamesisch-europäischen Buddhistentages die Lehre Buddhas. Von Katrin Haas
In den Sommerferien um 5 Uhr aufstehen – das machen vermutlich nicht viele Schüler. In der Gesamtschule an der Erft klingelt jetzt zehn Tage lang der Wecker am frühen Morgen. Doch es sind nicht etwa Schüler, die so früh aufstehen, es sind Gäste: Etwa 500 Buddhisten feiern den jährlichen vietnamesisch-europäischen Buddhistentag in Neuss. Dafür nutzen sie die Turnhalle, die Aula und Klassenräume der Gesamtschule zum Übernachten und ihr zehntägiges Programm.
Zum 27. Mal findet das Fest statt, jedes Jahr in einem anderen Land. Schon 2010 war die Gesamtschule in Neuss Gastgeber. Und weil das damals logistisch so gut geklappt hat, kommen die vietnamesischen Buddhisten aus ganz Europa ein zweites Mal her. Verantwortlich dafür ist Gia Phuoc Nguyen, er arbeitet für die Stadt Neuss. “Wir brauchen große Räume, das hier ist genau richtig”, sagt auch Abt Thich Hanh Gioi von der deutschen Abteilung der Vereinigten Vietnamesischen Buddhistischen Kirche.
Der Boden der Turnhalle ist mit Teppichen ausgelegt, darauf sitzen während der Eröffnungsfeier hunderte Menschen im Schneidersitz, alle in grau-hellblauer Kleidung. Vorne, am Ende der Sporthalle, thronen die Mönche und Nonnen in senfgelben Gewändern in drei Reihen auf einem Podest. Dahinter wallt ein großes Gemälde aus Stoff herunter, Orangen sind als Türmchen gestapelt, brennende Kerzen stehen daneben. Ein Gläubiger übersetzt die vietnamesischen Grußworte und Gebete der Äbte ins Deutsche.
Auch der erste stellvertretende Bürgermeister Thomas Nickel zählt zu den Gästen. Er erinnerte an den Vietnamkrieg und seine Folgen für die Menschen. Er forderte die Gläubigen auf, sich in Neuss “wie zu Hause” zu fühlen. Menschlichkeit ist das Thema, dass sowohl die Buddhisten als auch die Gäste anderer Religionen umtreibt.
Der Tag aber ist für die Gläubigen aller Altersgruppen streng getaktet: Nach der Morgenandacht um 6 Uhr gibt es Frühstück um 8 Uhr, danach folgt Unterricht, der von einer Mittagspause unterbrochen wird. Die Buddhisten sind je nach Alter in verschiedene Gruppen eingeteilt. Die Erwachsenen bilden vier Gruppen, je nach Kenntnisstand. “Was man gelernt hat, setzt man danach direkt in die Praxis um”, erklärt Nguyen.
Die Gruppen der Kinder und Jugendlichen dürfen sich zwischen den Lerneinheiten austoben: “Es soll eine angenehme Atmosphäre sein, in der die Kinder die vietnamesische Sprache und Kultur erlernen”, erklärt die 24-jährige Diem Tran aus Berlin, die eine Gruppe der 13- bis 18-jährigen Teilnehmer betreut.
Da nicht alle fließend Vietnamesisch verstehen, lehren in diesen Gruppen Mönche, die auch Englisch oder Französisch sprechen. “Die Kinder und Jugendlichen sollen sich die Begrifflichkeiten der Kultur zu eigen machen”, sagt die Betreuerin. Daher sei es wichtig, dass die Teilnehmer diese auch in Vietnamesisch lernen. “Sie sind sehr wissbegierig”, sagt Tran.
Wenn der Unterricht dann vorbei ist, toben sich die Jüngeren aus – gerne auch beim Fuß- oder Volleyball gegen die jüngeren Mönche.
Quelle: NGZ